Schon von außen erscheint die Kirche die farbige Gestaltung und ihre architektonische Gliederung festlich einladend. Im Vorraum überraschen leuchtend blaue mit gold abgesetzte Umrahmungen an den hellen blaugrauen Türen.
Elf Glasfenster bewirken, dass der Raum aus allen Himmelsrichtungen mit Licht durchflutet wird. Im Glasfenster hoch über dem Altar grüßt der segnende Christus – in der Luftlinie auf gleicher Ebene wie das Rosetten Fenster über der Orgel.
Die Rosette – urchristliches Symbol – umgrenzt die Buchstaben A und O, nach Offenbarung 1,8 „… ich bin der Anfang und das Ende der Welt.“
Der Altar ist mit kostbaren Marmorintarsien gestaltet, in der Mitte beherrschend das Kreuz. Das Altarbild zeigt unheilvoll düster die drei Kreuze mit den beiden Schächern und Christus in der Mitte im Augenblick eines seiner letzten Worte: „Sieh deinen Sohn, sieh deine Mutter “- Johannes hält die zusammensinkende Mutter Maria im Arm. Das Bild ist eine Kopie einer Kreuzigungsdarstellung im 16. Jahrhundert.
Zentral zwischen Altar, Kanzel und den Gläubigen steht der Taufstein. In den Rand des steinernen Taufbeckens ist gemeißelt „lasst die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solchen ist das Reich Gottes“. In der bereits abgebildeten silbernen Taufschale ist die Taube geprägt, Symbol des Heiligen Geistes mit der umgebenden Inschrift „Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden.“
Die Kanzel ist ein kunstvolles, feinsinniges Schnitzwerk – das Holz ist naturbelassen, vielformiger Faserlauf durchsetzt es wie Lebensadern im Baum – zum Kreuzesstamm – zum Lebensbaum. Anordnung und Form der Kanzelbretter korrespondieren mit dem Altaraufsatz, auf drei Säulen ist das Antlitz Christi mit der Dornenkrone dargestellt, abwechselnd mit sprechenden Engelsköpfen auf den weiteren vier Säulen. Der Schalldeckel ist mit Rankenwerk verziert, das Holz eines nach oben wachsenden Baumes. Schwungvoll führen die Kanzeltreppe und der grazile Handlauf nach oben. Über der Sakristei erinnert eine geschnitzte Gedenktafel an vier Gefallene des 1. Weltkrieges.
An die vielen Toten des 2. Weltkrieges mahnt links neben dem Eingang an der Kirche eine Gedenktafel mit dem Bibelwort aus der Offenbarung 21,4: „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen und der Tod wird nicht mehr sein.“
Im Gegensatz zum naturlebendigen Holz der Kanzel ist das ornamentale Schnitzwerk der Orgelempore festlich weiß gefasst und sparsam kostbar golden geschmückt – eine lichte Sängertribüne für die Musik!
Dominierend beim Betreten der Kirche ist das Licht - aus allen Himmelsrichtungen wird durch die Glasfenster der Raum durchflutet von Licht. Die bunten Bildmotive sind in Medaillonform in die hohen Fenster eingepasst, die Fenster sind in Rautenform gegliedert, nur zart ornamentiert, durch ihre großflächigen blassblauen und altrosa Verglasungen entsteht die Illusion eines klaren Himmels. Die drei Fenster auf der linken Seite nach Süden zeigen Bilder aus dem Leben Jesu, die auf der rechten Nordseite zeigen Ereignisse nach seinem Tod. Mit leuchtenden Farben großer Glasfarbmalkunst zeigen alle Fenster die gleiche Handschrift – leider ist der Künstler unbekannt. Umfasst sind alle Bilder von zarten aber wirkungsvollen bunten Zierleisten immer neuer Fantasie. Rechts am unteren Rand ist jeweils das Wappen der Stifter gemalt.
Das erste Bild ist das Weihnachtsfenster (Lukas 2,1-20): Maria und Josef beten das Kind an, der angedeutete Stall öffnet sich durch sein zerfallendes Dach dem Himmel.
Das mittlere Fenster ist ein Bild der Bergpredigt (Matthäus 5-7): Christus auf dem Berg zwischen Himmel und Erde, umgeben von Hörenden aller Herkunft, erfasst urchristlichen Inhalt und Sinn in Worte.
Das dritte Bild zeigt Ghetsemane (Matthäus 26,36-46): Einsam vor dem sich verdunkelnden Himmel gebietend der Engel mit dem Kelch – auf der Erde unwissend seine Jünger im tiefen Schlaf.
Auf der rechten Seite zeigt das Fenster neben dem Altar die Auferstehung (Matthäus 28,1-10): Christus mit empfangend ausgebreiteten Armen, den Kopf hoch gen Himmel, begleitet vom Engel mit weit in den Himmel weisendem goldenen Flügel - erdwärts ein erschrockener Wächter beim leeren Grab, ein anderer sitzend, sinnend, weinend oder schlafend daneben.
Im zweiten Fenster Himmelfahrt (Lukas 24,45-53): Christus kehrt zurück zum jetzt goldenen Himmel über den Wolken, die Jünger bleiben betroffen zurück, bittend, aber vom Geist des Verstehens berührt.
Christi Leben, Tod und Auferstehung haben unserer Kirche den Namen gegeben.
Das Geläut der drei Kirchenglocken sollte mit den Glocken der katholischen Pfarrkirche St. Quirinus harmonisch zusammenklingen. Ein Schock für unsere Kirche war, dass ihre große und kleine Glocke im 1. Weltkrieg, (März 1917) zur „Sicherung des Kriegsbedarfes“ abgegeben werden musste. Lediglich die Mittlere Glocke durfte bleiben und als „Läuteglocke“ weiterhin ihren Dienst versehen.
Durch großzügige Spenden konnten zwei neue Kirchenglocken gegossen werden. Für die Anfertigung der neuen Glocken wurde die Firma Hamm in Augsburg beauftragt. Sie wurden an Ostern 1922 auf einem geschmückten Wagen von Gmund nach Tegernsee gebracht, begleitet von einem frohen Festzug. Die unfassbare Absurdität zeigt sich dann in der Wiederholung dieser Geschichte: 1942 musste die große und die mittlere Glocke als kriegswichtiges Material abgeliefert werden. Erst 1969 wurden sie ersetzt.
Ein schmerzliches Ereignis für unsere Kirche war auch das Missverständnis ihrer Sprache – eine neue Sprache wollte 1959 den Glauben wertvoller verkörpern: Reduktion von Kunst war die Folge, sie wurde als Ablenkung vom Wesentlichen verstanden: Drei Buntglasfenster wurden zugemauert, das Farbkonzept gedämpft in Grau – und Weißtöne, der Bankblock wurde in zwei schmale Teile auseinander genommen um einen dominant breiten Mittelgang zu erzielen mit direktem Blick auf den Altar, der Taufstein musste daher weichen, die Längswände wurden im vorgelagerten Sockelbereich zugebaut. Sprache im Geist des Bauhauses. Im Lauf der kommenden Zeit entwickelte sich eine neue Bewusstheit für die ursprüngliche Konzeption der Kirche: Bis zu ihrem 100. Geburtstag 1994 wurden alle eingreifenden Veränderungen rückgebaut und unsere Christus-Kirche atmete auf – sie fühlte sich wie am ersten Tag. Die Illusion des Inneren war geglückt – ein leuchtender Kirchenraum im alten Jungendstilgewand!
Außen jedoch war es anders: Die Baufälligkeit des ganzen Dachgebälkes nach 100 Jahren, Ersatz der alten Dachziegel, Renovierung des Wasserabflusses über die Dachrinnen, gravierende Wasserschäden im Mauerwerk waren entstanden, die schmutzigen Verfärbungen der Wand durch Verwendung nicht wetterfester Farben beim Verputz der Fassade – all diese Krankheiten mussten jetzt noch dringend behandelt werden! Kurz gesagt: Ein Großaufgebot an Renovierung war in den vergangenen Jahren zu bewältigen – über die fachliche Konzeption bis zu ihrer Durchführung war höchster Einsatz gefordert – die Finanzierung wurde nur möglich mit Hilfen großzügiger Spenden und über einen Kirchbauverein – nicht viel anders als beim Neubau 125 Jahre zuvor!
Eines ist klar und das gilt auch für die Zukunft: Wir können unsere „Alte Kirche“ nur erhalten, wenn wir sie immer wieder Neu machen ...
Dr. Ingrid Strauß