Am Anfang waren die „Reiseprediger“, von denen die weit in Oberbayern verstreuten Protestanten anfangs seelsorgerlich von München aus betreut wurden. Zusätzlich gab es in Kurorten „Sommerprediger-Stationen“, wenn evangelische Gemeindeglieder und Kurgäste miteinander dafür genügend Geld aufbringen konnten. So entwickelte sich eine Gemeinschaft vor Ort, deren Mitglieder einen deutschlandweiten Einzugsbereich hatten. Bad Wiessee war damals wie auch Tegernsee eine Tochtergemeinde von Bad Tölz, der ältesten evangelischen Gemeinde im Oberland, deren Gebiet damals den ganzen oberbayerischen Raum von Bad Tölz bis Berchtesgaden, inclusive Tegernseer Tal, umfasste. In Bad Wiessee fand im Mai 1929 im Speisesaal des damaligen Kurhotels Wolf (heute: Klinik am Kirschbaumhügel, zuvor: Reha-Klinik Eden) der erste evangelische Gottesdienst statt, für den die 200 möglichen Sitzplätze im Speisesaal bald nicht mehr ausreichten.
Am 2. März 1930 wurde eine Gemeindeversammlung im Postsaal in Bad Wiessee einberufen und der Evangelische Kirchbauverein gegründet. 40 von 130 evangelischen Gemeindemitgliedern vor Ort gehörten dazu. „Der Bau einer evangelischen Kirche in Bad Wiessee war durch die Verhältnisse gefordert, wie sie sich durch die Entwicklung des aufstrebenden Heilbades, das nach dem Weltkrieg einen ungeahnten Aufschwung nahm, notwendig ergaben.“ So beschreibt die Festschrift zur Einweihung der Friedenskirche die Situation der damaligen Zeit. Da viele der Gäste Bad Wiessees evangelisch waren, bestand die Notwendigkeit, auch kirchlich einen Ort im Heilbad zu finden, denn die Christuskirche in Tegernsee war oft zu klein und in den Sommermonaten mussten trotz Anreise und Freude auf den Gottesdienst, deshalb viele unverrichteter Dinge wieder gehen.
Nach einigem Hin und Her und auch Rückschlägen in der Planung, mit einem unglaublichen Engagement vieler Menschen, vor allem auch von Kurgästen und der Unterstützung der Jod-Schwefel-Bad-GmbH, konnte für 18.000 RM der „Kirschbaumhügel“, der als Aussichtsplattform für Bad Wiessee gedacht war, als idealer Bauplatz erworben werden. Als Übergangslösung wurde 1932 eine Notkirche in einer früheren Postautogarage in der Nähe der Wilhelminaquelle eingerichtet.
Die Grundsteinlegung der Friedenskirche fand am 23.06.1935, die Einweihung am 20.06.1937 unter großer Beteiligung statt.
Wurde der Bau der Friedenskirche in dunklen Zeiten der Vergangenheit begonnen, verlor sie deshalb 1942 drei der vier Glocken (mit den Namen: Hoffnung, Liebe, Dank), die von einem Kurgast gespendet worden waren, an den Krieg. Die kleinste Glocke mit dem Namen „Glaube“ überdauerte diese Zeit, bis 1958 wieder das volle Geläut erklingen konnte.
1949 war es soweit und Bad Wiessee wurde eine eigenständige Kirchengemeinde. Am 3. Advent 1950 konnte eine, nahezu in Eigenleistung für die Gemeindeteile Waakirchen, Hauserdörfl und Marienstein gebaute Kirche eingeweiht werden, die heute den Namen „Angerkircherl“ trägt und mit etwa 7.000 DM vermutlich die billigste und auch kleinste Kirche der bayerischen Landeskirche ist. So gehören eine der größten und eine der kleinsten bayerischen Kirchen im Oberland in die Kirchengemeinde Bad Wiessee.
Auch die Berghütte der evang. Jugend wurde in Achenkirch in viel Eigenleistung erbaut und 1958 eingeweiht.
Und am 20. April 1980 konnte schließlich das Pfarr- und Gemeindehaus neben der Friedenskirche eingeweiht werden. Zum Erntedankfest 1990 wurde der zuvor neu gestaltete Altarraum der Friedenskirche und die große Jann-Orgel eingeweiht.
Langjährige gute ökumenische Verbindungen und Kontakte zur Politik und den Vereinen (z.B. auch im Blick auf die Partnerschaft mit Dourdan) prägen das Gemeindeleben. Wie auch die vielen Gäste des Heilbades, die oft trotz großer Entfernungen der Kirchengemeinde Bad Wiessee verbunden blieben. Etwa 6 Millionen Menschen sahen 1994 die vom ZDF live übertragene Christvesper am Heiligen Abend in der Friedenskirche. Auswärtige Taufen und Trauungen in der Friedenskirche bereichern das Gemeindeleben. Alle Haupt- und Ehrenamtlich in der Geschichte der Kirchengemeinde tätigen wissen sich in der Entwicklung der Kirchengemeinde miteinander verbunden. Die Gegenwärtigen bauen weiter auf den Leistungen der Menschen in der Vergangenheit.
Die Kirchengemeinde ist getragen von vielen, sehr engagierten Menschen vor Ort, die an ihrer Hoffnung auf eine gute kirchengemeindliche Zukunft in der Vergangenheit festhielten und auch heute noch festhalten. Wichtig auch heute, wenn nun die Entwicklung durch die großen Veränderungen unserer Zeit auf eine Kirchengemeinde „Evangelisch am Tegernsee“ zuläuft.
Die Friedenskirche selbst steht auf dem Kirschbaumhügel im nördlichen Teil von Bad Wiessee. Die breite Freitreppe zum Eingang ist auf ihrer linken Seite mit einem Beet unzähliger Bachkugeln begrenzt, dem „Bibelgarten“; die über Jahrtausende vom Wasser geschliffenen Steine zeigen ihre ganze Schönheit besonders dann, wenn sie regennass sind.
Den Architektenwettbewerb gewann Regierungsbaumeister Bruno Biehler, der auch die Wandelhalle erbaut hatte. Die Einweihung am 22.06.1937 fand elf Jahre nach der Weihe der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt im Südteil der Ortschaft statt. Es ist eine besondere ökumenische Situation in Bad Wiessee, dass beide Kirchen erhaben im Ort stehen, jeweils auf einem Hügel und sich so über die Luftlinie „auf Augenhöhe begegnen“.
Der Friedensengel über dem Eingang begrüßt einen beim Eintritt in die Kirche. Der Bronzeengel hält ein dünnes Band des Friedens, das leicht reißen kann.
Dominierend im Kirchenraum ist die große Orgel des Baumeisters Jann seit der Renovierung und grundlegenden Umgestaltung der Kirche, die 1990 abgeschlossen wurde. Vorher befand sich die Orgel rückseitig auf der Empore. Die Orgeldisposition weist zwei Manuale und Pedal auf. Ein besonderes Register dieser Orgel sind die „Spanischen Trompeten“, die horizontal im Prospekt der Orgel angeordnet sind.
Der Künstler Karlheinz Hoffmann hat das dreifache Kreuz aus Holz mit Silber- und Goldtönen bemalt. Die Farben der Herrlichkeit auf dem Kreuz des Todes, mit den erkennbaren sieben Siegeln aus der Offenbarung des Johannes. Von ihm stammen auch der Altar und das Taufbecken. Der in naturbelassenem warmem Holz gestaltete Innenraum empfängt einen mit einer Inschrift auf dem tragenden Balken der Kirche über dem Altarraum, die den Namen der Friedenskirche aufnimmt: „Er ist unser Friede“. Beim Verlassen der Friedenskirche fällt der Blick auf das Fenster über der Empore. Die Taube, die den Ölzweig nach der Sintflut brachte, erinnert an den Frieden Gottes, der einen aus dem Gotteshaus ins eigene Leben begleitet.
Die Friedenskirche in Bad Wiessee hat eines der schönsten Geläute am Tegernsee und im Landkreis Miesbach mit ihren vier Glocken: „Dank“ – „Hoffnung“ – „Liebe“ – „Glaube“ – so ihre Namen. Die kleineste Glocke im Quartett „Glaube“ hat eine besondere Geschichte. Sie wurde 1935 als eine der letzten Vorkriegsglocken von Schilling und Söhne gegossen und überdauerte als einzige der Glocken den Krieg.
Das Relief an der Ostwand des Künstlers A. Nägelsbach sollte ursprünglich den Glauben an den dreieinigen Gott sichtbar machen. Als die Kirche 1987 einer Außenrenovierung unterzogen wurde, konnte der so genannte Gnadenstuhl mit Gottvater, der das Kreuz vor sich hielt, nicht erhalten werden.
Der Kirchturm mit seiner Uhr trägt die Botschaft nicht nur durch sein Geläut in die Welt, sondern auch durch die Inschriften der Zifferblätter: „Meine Zeit steht in deinen Händen“ ist auf der Ostseite - sozusagen zu Tagesbeginn - zu lesen. Gefolgt auf der Südseite - also im Tagesverlauf – von „Streit und Friede hat seine Zeit“. Auf der Abendseite im Westen lesen wir „Kaufet die Zeit aus“, als Erinnerung daran, die Zeit zu nutzen - im Sinne von „Carpe diem“. Die Nordseite als Zeit des Schlafens trägt kein Zifferblatt.
„So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen“ (Eph. 2, 19)
Mit diesen Worten erinnert der Grundstein der Friedenskirche daran, dass die Kirche eine Kirche der Einheimischen und der Gäste des Ortes ist – deshalb wurde sie in dieser Größe mit 410 Sitzplätzen mit großer finanzieller Unterstützung von Kurgästen erbaut. Die ursprünglich abtrennbare kleine Winterkirche im vorderen linken Altarbereich bot der kleineren einheimischen Gottesdienstgemeinde im Winter einen kleineren und damit wärmeren Gottesdienstraum. Mit der der Renovierung sind im vorderen Bereich etwa 40 Plätze dazugekommen, weshalb die Friedenskirche mit guter Akustik auch für Konzerte aller Art eine wunderbarer Ort ist.